Auszeichnung für Nahost-Korrespondentin der DW
für herausragenden Auslandsjournalismus ist drei deutschen Korrespondenten verliehen worden, darunter der Nahost-Berichterstatterin der DW Tania Krämer. In ihrer Dankesrede im Frankfurter Römer, dem historischen Rathaus der Mainmetropole, bedankte sich Krämer bei all jenen Israelis und Palästinensern, die ihr in 15 Jahren „die Türen geöffnet“ hätten. Das sei keineswegs selbstverständlich, sagte sie vor mehreren hundert geladenen Gästen.
Einige Einwohner Israels und der palästinensischen Gebiete, so Krämer, seien inzwischen der Ansicht, dass Gespräche mit Journalisten wenig brächten. Der Nahost-Konflikt dauere schon viele Jahrzehnte, erläuterte sie. Und all die Analysen und Kommentare hätten den Frieden keineswegs nähergebracht, räumte Krämer ein.
Schicksale im Mittelpunkt
In der Laudatio lobte die Preisjury die Berichterstattung von Tania Krämer. „Ihre Erfahrung und ihr Netzwerk helfen ihr, ihren Zuschauern ein tiefes Verständnis der Geschehnisse zu vermitteln, zu zeigen, dass es viele Realitäten gibt, Grauzonen des Alltags.“ Krämer schaue hinter die Schlagzeilen und erläutere eindrucksvoll, was die Ereignisse für das Leben der Menschen bedeuteten.
Ihre Leistung „spiegelt den großen Einsatz unserer engagierten Kolleginnen und Kollegen wider, die sich enormen Herausforderungen stellen“, betonte DW-Intendant Peter Limbourg. Tania Krämer arbeitet seit vielen Jahren sachlich und unprätentiös in einer enorm schwierigen Region. Für sie stehen die Menschen und ihr Schicksal immer im Mittelpunkt. Ich freue mich sehr über diese Entscheidung der Jury.“
Über die Bedeutung des Auslandsjournalismus im Allgemeinen und die Schwierigkeiten, über die Ereignisse im Nahen Osten zu berichten im Besonderen, reflektierte im Frankfurter Römer der deutsch-französische Publizist Michel Friedman.
Er ist Vorsitzender des Werner-Holzer-Instituts, das den gleichnamigen Journalistenpreis verleiht. Friedman ist außerdem Protagonist und Autor der langjährigen DW-TV-Sendung „Auf ein Wort“
, wo er mit renommierten Geisteswissenschaftlern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Grundsatzfragen der Zeit diskutiert.
Friedman lobte die Auslandsberichterstattung aus Krisenregionen: „Ich bin dankbar für die Arbeit von Journalisten, die aus Kriegsgebieten berichten.“ Zugleich beklagte er angesichts der Brutalität der radikalislamischen Hamas gegenüber Juden das „laute Schweigen“ in Deutschland.
Tatsächlich stünden Korrespondenten, die aus Israel und den Nachbarländern berichten, unter besonderer Beobachtung, glaubt Jan Kuhlmann, Leiter der Nahost-Redaktion der DW. Worin die Problematik der Berichterstattung besteht, beschreibt er anhand eines Beispiels: So hätten sich vor Jahren in einer großen deutschen Tageszeitung gleich zwei Leser über die angebliche Voreingenommenheit des damaligen Nahost-Korrespondenten beschwert. Der eine Leser warf dem Reporter eine einseitige Parteinahme zugunsten Israels vor, der andere beklagte, dass eben dieser Korrespondent eine zu große Nähe zu den Palästinensern habe.
Berichterstatter im Nahen Osten sollten versuchen, einen möglichst neutralen Blick auf die Geschehnisse zu haben, so Kuhlmann. Immer wieder komme es dort zu Gewaltausbrüchen mit Toten und viel Leid auf beiden Seiten. Das trage zu einer starken Polarisierung der Gesellschaft bei.
Auch Kuhlmann würdigte Krämer: Es gebe nur wenige Korrespondenten im Nahen Osten, die – auch weil sie so lange dort leben – die Region so gut kennen wie Tania Krämer, betont Kuhlmann. In dieser Region gebe es zwei Sorten von Korrespondenten: die einen, die so tun, als wüssten sie, worum es geht. Und andere, die – wie Krämer – es wirklich wüssten.
Interesse an Neuem?
Professor Arthur Landwehr, der Journalismus an der Wiesbadener Hochschule RheinMain unterrichtet, geht davon aus, dass nicht alle User, Hörer oder Fernsehzuschauer heutzutage überhaupt etwas Neues über ein anderes Land erfahren wollten. Vielen gehe es stattdessen darum, sich in den eigenen Ansichten bestätigt zu fühlen. Das gelte besonders für Themen, die hoch politisiert seien, meint Landwehr, der viele Jahre als Auslandskorrespondent arbeitete und auch Chefredakteur der SWR-Hörfunks war. Von Nahost-Korrespondenten werde manchmal erwartet, dass sie sich positionieren zugunsten der ein oder anderen Seite. Eine Rolle bei der Berichterstattung aus dieser Region spiele auch die deutsche Geschichte, die Schuld, die Deutschland durch die Gräueltaten der Nationalsozialisten auf sich geladen habe.
Neben Tania Krämer wurden auch Ulf Röller, Büroleiter des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) in Brüssel, und der langjährige Korrespondent der Wochenzeitung Die Zeit in Moskau, Michael Thumann, in Frankfurt ausgezeichnet. Der Preis des Werner-Holzer-Instituts wurde 2022 ins Leben gerufen, um die Arbeit von Auslandskorrespondenten zu würdigen und ihren Beitrag zur Meinungsvielfalt hervorzuheben. Mit dem Preis – benannt nach dem Chefredakteur der Frankfurter Rundschau von 1973 bis 1991 – will das Institut ein deutliches Signal dagegensetzen, die Auslandsberichterstattung zu reduzieren oder ihre journalistische Vielfalt einzuschränken.