24. Oktober 2024

Deutsche Autobauer sorgen sich wegen Trump

Von Admins

Donald Trumps Rede im US-Präsidentschaftswahlkampf vergangenen Monat in Georgia kam seltsam bekannt daher. Der republikanische Kandidat sagte seinen Anhängern nämlich: „Ich möchte, dass deutsche Autohersteller zu amerikanischen Autoherstellern werden.“

Für den Fall seiner Wiederwahl versprach Trump, dass jeder ausländische Autohersteller, der seine Produktion in den USA steigern würde, nur noch möglichst wenig Steuern bezahlen müsse und von niedrigen Energie- und Bürokratiekosten profitieren könne. Doch dann drohte er erneut mit „sehr hohen Zöllen“ auf Fahrzeuge, die nicht in den USA hergestellt würden. Diese Rhetorik erinnerte stark an Trumps Wahlkampfversprechen von 2016, Amerika „wieder groß zu machen“, indem man die Produktion aus dem Ausland zurückholt.

Für einige Beobachter, wie den in Detroit ansässigen Automobilanalysten John McElroy, ist diese Rhetorik nichts anderes als eine weitere typische Trump-Übertreibung, die er nur schwer würde umsetzen können. „Es ist schwer zu analysieren, was Trumps Wahlkampf-Wüten ist und was Trumps Politik sein wird“, so McElroy zur DW: „Er sagt viele verrückte Dinge. Wenn er gewinnt, werden wir eine klarere Vorstellung davon bekommen, was er vorhat.“

Mitarbeiter montieren Passat im Volkswagen-Werk in Chattanooga, Tennessee
Trump will VW zu einer „US-Firma“ machen? Passat-Montage im VW-Werk in Chattanooga, TennesseeBild: Erik Schelzig/AP Photo/picture alliance

Deutsche Investitionen in den USA

Angesichts entsprechender Ankündigungen Trumps während seines ersten Wahlkampfs 2016 konnten deutsche Autohersteller einen angedrohten Zoll von 35 Prozent noch vermeiden, indem sie neue Investitionen in die US-Produktion aushandelten, darunter Volkswagens Ausbau der Elektrofahrzeugproduktion in Tennessee, Mercedes Benz‘ Versprechen einer Milliardeninvestition in Alabama und BMWs Produktionsausweitung in South Carolina.

Jacob Kirkegaard, Senior Fellow beim Brüsseler Thinktank Bruegel, meint im DW-Gespräch jedoch, dass deutsche Autohersteller „sehr besorgt“ sein sollten, da Trumps neue Pläne für sie noch viel teurer werden könnten. „All die Investitionen, die die deutschen Autohersteller in den letzten Jahren in den USA getätigt haben, werden sie nicht retten“, sagt Kirkegaard. „Aufgrund des Investitions- und Integrationsniveaus der letzten Jahre werden sie wahrscheinlich einen größeren Lieferkettenschock erleben als die meisten anderen.“

Der große E-Mobility-U-Turn

Es geht um Trumps Versprechen, die Subventionen für Elektrofahrzeuge zurückzufahren – ein zentraler Baustein des grünen Investitionsbooms von US-Präsident Joe Biden. Ein Großteil des Geldes, das deutsche Autohersteller in den letzten sechs Jahren in den USA bereitgestellt haben, diente dazu, die Produktion von Elektrofahrzeugen anzukurbeln. Daher könnte jeder Kurswechsel in den USA eine separate Lieferkette für die weitere Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor in den Vereinigten Staaten erfordern, so Kirkegaard.

„Wir haben gesehen, was in Deutschland passiert ist, als die Subventionen geschliffen wurden – die Verkäufe von Elektrofahrzeugen sind stark eingebrochen“, sagt Analyst John McElroy, der auch Präsident von Blue Sky Productions ist, das das Autoline Network gegründet hat, das sich mit Nachrichten und Analysen aus der Automobilindustrie befasst. „Ich denke, wir könnten in den USA dasselbe erleben. Das würde nicht nur die deutschen Marken, sondern jeden betreffen, der auf den Elektrofahrzeugmarkt drängt.“

Montage im BMW-Autowerk in San Luis Potosí, Mexiko
In sein Montagewerk in San Luis Potosí, Mexiko, hat BMW viel investiert, um die Kapazität zu erhöhenBild: Sandra Weiss/DW

Trump nimmt Mexiko ins Visier

Deutsche Marken könnten noch stärker von Trumps Ankündigungen durch den Umweg über Mexiko betroffen werden. Das lateinamerikanische Land ist ein wichtiger Produktionsstandort für Volkswagen, BMW und Audi – vor allem bei Wagen für den US-Markt. Trump hat Autoherstellern, die ihre Produktion nach Mexiko verlagern, wo die Kosten niedriger sind, wiederholt mit einem 200-prozentigen Zoll gedroht.

„Mexiko ist ein sehr wichtiger Standort für die deutsche Automobilindustrie“, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) in einer im Oktober in der Zeitung Die Welt veröffentlichten Erklärung mit. „Deutsche Hersteller haben dort eigene Werke, wo im vergangenen Jahr mit 716.000 Pkw ein neuer Produktionsrekord erzielt wurde.“

Deutsche Autohersteller, die in Mexiko tätig sind, profitieren von günstigen Handelsbedingungen. Und zwar dank des US-Mexiko-Kanada-Abkommens (USMCS), ehemals NAFTA, das unter Trumps Präsidentschaft ausgehandelt wurde und 2026 überprüft werden soll.

Wie in Deutschland, wo die Autohersteller über einen Mangel an Fachkräften klagen, haben nun auch die USA eine große Qualifikationslücke – nach Jahrzehnten der Produktionsverlagerung ins Ausland und weil gerade viele ältere Autoarbeiter in den Ruhestand gehen.

„Wir sehen bereits, dass deutsche Unternehmen mit Sitz hier in Mexiko Personal an ihre Schwesterunternehmen in den USA ausleihen müssen, um Lücken zu füllen“, sagte Johannes Hauser, Geschäftsführer der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer, Anfang des Monats der ARD-Tagesschau. „Das zeigt, wie dramatisch die Situation in den USA geworden ist.“

Fronten zwischen den USA, Europa und China

Da Trump mit noch mehr protektionistischen Maßnahmen droht, sehen die deutschen Automarken im extrem wettbewerbsintensiven globalen Automobilsektor einer weiteren Herausforderung entgegen. Sie leiden unter einem langsameren Wachstum in Europa und stehen im Rennen um die Einführung neuer Elektromodelle durch chinesische Marken unter Druck. Nun könnten die deutschen Hersteller ihre Joint Ventures mit chinesischen Autoherstellern noch bitter bereuen, wenn sie in den anhaltenden Handelskrieg zwischen den USA und China verwickelt werden.

„Sollte die US-Regierung sagen: ‚Wir wollen nicht nur ausdrücklich keine Autos chinesischer Marken in den USA, sondern auch keine Autos, die auf irgendeiner Form chinesischer Technologie basieren‘, dann könnte das auch Autos deutscher Marken einschließen“, sagt Kirkegaard.

Im Gegensatz zur chinesischen Konkurrenz seien deutsche Automarken immer noch hochprofitabel, hätten einen starken Markennamen und ein hohes Ansehen, was ihnen weiterhin helfen werde, diese Handelshürden zu überwinden. „Ich jedenfalls bin nicht bereit, sie abzuschreiben“, betont Kirkegaard. „Sie werden das überstehen. Aber was die Beschäftigung angeht – da werden sie wohl viele Federn lassen müssen.“