Donald Trumps Feldzug gegen Vielfalt und Inklusion
Vor allem Transpersonen kämpften 1969 beim Stonewall-Aufstand in der Christopher Street in New York mutig für die Rechte queerer Menschen, ein Meilenstein für die LGBTQ+-Bewegung. Doch nun werden seit einigen Wochen ausgerechnet Transpersonen – genauso wie intersexuelle und queere Menschen – auf der Website des Stonewall-Denkmals nicht mehr erwähnt.
über das Monument in der Christopher Street ist die Abkürzung auf LGB zusammengeschrumpft. Offiziell sind damit Lesben, Schwule und Bisexuelle gemeint. In Internetarchiven
findet man noch den früheren Text der Seite.
Die Nationalparkbehörde ist eine von vielen US-Institutionen, die angewiesen wurden, bestimmte Begriffen in offiziellen Verlautbarungen zu vermeiden. Die „New York Times“
hat 200 dieser Begriffe veröffentlicht – neben LGBTQ stehen zum Beispiel „black“ (schwarz), „marginalized“ (marginalisiert) oder „discrimination“ (Diskriminierung) darauf. Zensur ist eine von vielen Ebenen, auf denen die Administration von Präsident Donald Trump gegen Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion vorgeht. Im amerikanischen Sprachgebrauch ist das Themenfeld mit der Abkürzung DEI („Diversity, Equity and Inclusion“) fest verankert – auch dieser Begriff steht auf der Liste.
Was will die Trump-Regierung damit erreichen?
„Wir sehen eine Administration, die aktiv den Dialog über den anhaltenden Kampf für Gleichberechtigung in unserem Land unterdrücken will“, analysiert Laura Ann Sanchez, Soziologie-Professorin an der Bowling Green State University im Bundesstaat Kentucky.
„Ich kann nicht sagen, ob diese Aktionen auf Rassismus, Homophobie, Misogynie oder der unverhohlenen Feindseligkeit gegen Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung fußen“, schreibt Sanchez in einer Email an die DW. Und gerade dadurch, dass viele Institutionen eigene DEI-Konzepte verfasst und das Thema somit bürokratisiert hätten, werde es leichter, dagegen vorzugehen. Im Januar hatte Trump Ministerien und Bundesbehörden aufgefordert, alle DEI-Programme zu streichen.

Aus Sicht der auf Amerikas religiöse Rechte spezialisierte Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt verfolgt die Trump-Administration mit solchen Anweisungen ein Ziel: „Das ist letzten Endes der Versuch, eine Scheindebatte aufzumachen, damit nicht darüber geredet wird, was eigentlich passiert“, sagt Brockschmidt im Gespräch mit der DW. Denn die Regierung versuche ihrer Meinung nach eine „Re-Segregation“, also eine erneute Spaltung. Das gelte nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Gesellschaft.
In weiten Teilen der USA galten bis in die 1960er-Jahre hinein rassistische Gesetze, die Schwarze systematisch benachteiligten. Unter dem Druck der Bürgerrechtsbewegung wurden sie nach und nach aufgehoben: So erließ Präsident Lyndon B. Johnson 1965 eine Exekutivorder, die staatliche Arbeitgeber zu einem diskriminierungsfreien Umgang mit ihrem Personal verpflichtete und diese Bedingung auch an staatliche Auftragnehmer knüpfte.
Schwarze, hispanische, weibliche Soldaten und die „Enola Gay“ – nicht mehr auffindbar
Diese fast 60 Jahre alte Exekutivorder widerrief Trump am Tag nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus mit einem eigenen Dekret
, überschrieben mit den Worten: „Illegale Diskriminierung beenden und leistungsbasierte Möglichkeiten wiederherstellen“. Darin ist auch die Rede von „illegalen DEI-Richtlinien, die die Sicherheit amerikanischer Männer, Frauen und Kinder gefährden“. Für Autorin Brockschmidt ein „Kampf der amerikanischen Rechten gegen die Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung.“

Dazu passt, dass auf Webseiten des Militärs Einträge über die Leistungen schwarzer, hispanischer oder weiblicher Veteranen nicht mehr auffindbar sind. Auf der Seite des Verteidigungsministeriums blendet die Suchfunktion sogar alle Ergebnisse für den Suchbegriff „Enola Gay“ aus, möglicherweise weil „Gay“ im Englischen homosexuell bedeutet. Doch in diesem Fall ist dies der Name der Mutter eines Airforce-Piloten – und ihr zu Ehren auch der des B29-Bombers, mit dem am 6. August 1945 die Atombombe auf Hiroshima abgeworfen wurde.

Trump versprach in seiner Rede zum Amtsantritt am 20. Januar eine „farbenblinde und auf Leistung basierende Gesellschaft“ schmieden zu wollen. Brockschmidt findet, dieses Argument könne man nicht ernst nehmen – angefangen bei Trumps Verteidigungsminister Pete Hegseth: „Ein Ex Fox-News-Moderator, der nicht annähernd den militärischen Rang oder die Erfahrung seiner Vorgänger erreicht. Und gleichzeitig sitzt er in Senatsanhörungen und redet davon, dass man nicht weiß, ob schwarze Armeemitglieder oder Frauen ihre Posten in der Armee aufgrund ihrer Qualifikation bekommen haben.“
Der Bildungssektor ist besonders in Trumps Fokus
Besonders weitreichend sind die Anti-DEI-Maßnahmen der Trump-Administration jedoch im Bildungssektor: Mitte März
ordnete die Bildungsministerin und frühere Wrestling-Managerin Linda McMahon die Überprüfung von 52 Hochschulen an, um sicherzustellen, dass Universitäten ihre Studierenden nicht auf der Basis von Ethnie und entsprechenden Stereotypen diskriminierten.
Kurz darauf erließ Trump eine Exekutivorder
zur weitgehenden Zerschlagung des Bildungsministeriums – in der er auch anordnete, dass alle vom Ministerium finanziell geförderten Einrichtungen „illegale Diskriminierung beenden müssen, die unter dem DEI-Etikett oder ähnlicher Begriffe zugunsten von Gender-Ideologie verschleiert werden“.

„Wie viele Akademiker und Experten bereits ausgeführt haben, führt Trump uns in den Faschismus. Die endlosen Exekutivorder sind als Ablenkung gedacht“, schreibt Abby Ferber, Soziologieprofessorin an der University Colorado in Colorado Springs, auf Anfrage der DW.
„Es ist offensichtlich, dass Trump auf Kriegsfuß mit der höheren Bildung steht“, so Ferber weiter: „Er wird bedroht von einer gut gebildeten Gesellschaft mit der Fähigkeit zu kritischem Denken. Er und viele jener, mit denen er sich umgibt, wollen eine weißgewaschene Version der US-Geschichte wiederherstellen, die in den vergangenen 50 Jahren allmählich abgeschliffen wurde.“ Das alte Narrativ der weißen Männer als Opfer werde genutzt, um die Bevölkerung zu spalten.
Auch in der Wirtschaft wird DEI zum Testfall
Trumps Maßnahmen gegen DEI machen auch vor Grenzen nicht halt: Ende März wandten sich die US-Botschaften in Frankreich und Belgien an Unternehmen mit Handelsbeziehungen nach Amerika, um sie zur Einstellung eigener DEI-Aktivitäten zu drängen. Die Regierungen beider Länder wiesen die Forderungen zurück.
In den USA haben viele große Unternehmen wie Amazon, Boeing, Ford, Google, Harley-Davidson, John Deere, McDonalds, Meta oder Walmart bereits ihre DEI-Regeln aufgeweicht oder abgeschafft. Andere – darunter Apple, Coca-Cola, Costco und Delta – haben erklärt, daran festhalten zu wollen.

Für DEI gebe es ökonomische Argumente, erläutert Soziologin Ferber: „Eine Fülle von Forschungsergebnissen zeigt, dass Diversität wirtschaftlich sinnvoll ist. Diverse Gruppen sind innovativer und besser in der Problemlösung. Wenn es den Unternehmen nicht gelingt, eine vielfältige Belegschaft zu halten, kostet sie das Milliarden.“
Die Gegenströmung gegen DEI habe nicht erst mit der erneuten Wahl Trumps angefangen, meint Brockschmidt und verweist auf mehr als 30 solcher Gesetze, die seit 2022 auf Ebene einzelner Bundesstaaten geschrieben wurden. „Acht davon sind bereits unterzeichnet worden – in Staaten wie Texas und Florida. Davon werden wir noch mehr sehen – gerade jetzt, wo die Regierung diesen Weg eingeschlagen hat.“