Frankreichs Mirage-Bomber als Verstärkung für die Ukraine?
Obwohl der französische Präsident Emmanuel Macron im Juni dieses Jahres versprochen hatte, bis Ende 2024 erste Mirage-2000-Kampfjets an die Ukraine zu liefern, wird Kiew die Maschinen in diesem Jahr nicht mehr bekommen. Am 8. Oktober teilte der französische Verteidigungsminister Sebastien Lecornu mit, dass die Lieferung sich verzögere. Demnach soll die Ukraine, die sich gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt, die Flugzeuge im ersten Quartal 2025 von Frankreich erhalten.
Laut der Fachzeitschrift „Defense News“ hat das französische Unternehmen Dassault Aviation etwa 600 Mirage-2000-Bomber gebaut, von denen die Hälfte in acht Länder exportiert wurde, darunter nach Griechenland, in die Vereinigten Arabischen Emirate und Taiwan. Das Flugzeug ist rund 14 Meter lang und die Flügelspannweite beträgt etwa neun Meter. Es hat ein Leergewicht von 7.500 Kilogramm und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 2.700 Stundenkilometern.
Die Mirage 2000-5 ist eine modernisierte Version des Kampfjets, das über einen verbesserten Radar verfügt und mit Mica-Luft-Luft-Raketen ausgerüstet werden kann. Es kann zudem als Träger für luftgestützte Marschflugkörper des Typs SCALP-EG dienen, die Frankreich an die Ukraine liefert.
Oleh Katkow, Chefredakteur der ukrainischen Fachzeitschrift „Defence Express“, meint, dass die französischen Flugzeuge die ukrainischen Luftstreitkräfte bedeutend verstärken könnten. „Die wichtigste und erste Aufgabe der Mirages wird die Luftverteidigung sein, die Abwehr von Angriffen, vor allem von Marschflugkörpern und Drohnen“, sagt der Experte im Gespräch mit der DW.
Modernisierung von Mirage-Kampfflugzeugen
In seinem Post im sozialen Netzwerk X kündigt Frankreichs Verteidigungsminister Lecornu ferner an, dass die an die Ukraine zu liefernden Mirages vorher noch auf den neuesten Stand gebracht würden. „In Cazaux in der Gironde werden sie mit neuer Ausrüstung ausgestattet: für den Luft- und Bodenkampf und die Verteidigung gegen elektronische Kriegsführung“, so der Minister.
Laut Katkow werden die französischen Flugzeuge dadurch in der Lage sein, Langstreckenwaffen einzusetzen, etwa französische Raketen des Typs AASM Hammer mit einer Reichweite von mehr als 70 Kilometern. Ihm zufolge wäre es im Zuge einer solchen Modernisierung auch sinnvoll, Gleitbomben wie die amerikanische JDAM-ER und SDB, die bereits bei den Streitkräften der Ukraine im Einsatz sind, in die Mirage 2000-5 zu integrieren, um Ziele am Boden in unmittelbarer Nähe der Frontlinie treffen zu können.
Auch die von Lecornu erwähnte verstärkte Ausstattung zur elektronischen Kriegsführung sei wichtig. Damit, so Katkow, könnten die Mirage-Maschinen widerstandsfähiger gegen russische Störsignale gemacht werden. Dies gelte sowohl für den Betrieb von Navigationssystemen als auch für das Bordradar oder die Kommunikationssysteme.
Da die ehemals sowjetischen Su-24-Bomber, die bei den Streitkräften der Ukraine im Einsatz sind, bereits seit geraumer Zeit die von Frankreich und Großbritannien entwickelten Marschflugkörper SCALP oder Storm Shadow effektiv gegen russische Ziele am Boden nutzen, sei der Einsatz dieser Waffen durch Mirage-Kampfjets nach Ansicht des Experten eher zweitrangig.
Unterschied zwischen Mirage und F-16
Die Kampfflugzeuge vom Typ Mirage und F-16 wurden etwa zur gleichen Zeit entwickelt, sie weisen aber deutliche Unterschiede auf, sowohl in ihrer Konstruktion als auch was ihre Eigenschaften angeht. Experten zufolge ist eine Mirage im Vergleich zu einer amerikanischen F-16 im Kampf gegen feindliche Flugzeuge schwächer.
„Die Mirage 2000-5 besitzt keine Luft-Luft-Langstreckenraketen. Die Mirage ist für die Luftverteidigung im Hinterland sowie den Abwurf von Gleitbomben geeignet“, sagt Katkow. Eine F-16 könne dies auch, sie könne aber durch ihre Bewaffnung zusätzlich feindliche Flugzeuge daran hindern, in Gebiete vorzudringen, wo sie ihrerseits Bomben abwerfen könnten. Während eine F-16 Luft-Luft-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 160 Kilometern besitzt, reichen die Raketen bei der Mirage 2000-5 nur 60 bis 80 Kilometer weit, so der Experte. „Der Mirage 2000-5 fehlen die entsprechenden Waffen, um eine solche Aufgabe auch zu bewältigen“, so Katkow.
Auch Kostjantyn Krywolap, ehemaliger Ingenieur beim ukrainischen Flugzeugbauer Antonow, weist auf diese Nachteile hin. Seiner Meinung nach sind die französischen Bomber in einem Luftkampf sogar schwächer als eine sowjetische MiG-29. „Sie haben schwächere Radare und die Bewaffnung erlaubt keinen Kampf in der Luft.“ Raketen, die eine Mirage auf ein russisches Kampfflugzeug abfeuern würde, könnten von diesem leicht abgefangen werden, so der Experte in einem Beitrag für das Portal „RBK-Ukraine“.
Mit wie vielen Bombern kann die Ukraine rechnen?
Im Juli dieses Jahres erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass die ukrainische Armee mindestens 128 F-16-Maschinen benötige, um mit den russischen Kräften im Luftraum mithalten zu können. Bisher hat Kiew nur einige F-16 von Dänemark und den Niederlanden erhalten, sodass man von jenem Ziel weit entfernt ist.
Oleh Katkow geht davon aus, dass bis zum Jahr 2027 höchstens 70 Maschinen an die Ukraine geliefert werden könnten. „In dieser Situation stellt sich die Frage, woher man die nötige Anzahl an Kampfjets herbekommt“, so der Experte. Und hier könnten die französischen Mirages tatsächlich eine Hilfe sein. Wie viele Paris liefern will, ist unklar. Nach Angaben des französischen Portals „Opex360“ verfügen die französischen Luftstreitkräfte nur über 20 Mirage 2000-5, die bis 2030 außer Dienst gestellt werden sollen. Daher kann die Ukraine wohl nicht mit mehr Flugzeugen aus Frankreich rechnen.
Doch die Luftstreitkräfte der Ukraine wollen sich nicht auf F-16- und Mirage-Flugzeuge allein beschränken. Ende September teilte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow mit, dass neben den von den westlichen Partnern der Ukraine bereits zugesagten Maschinen derzeit auch Gespräche über die Lieferung weiterer Typen von Kampfflugzeugen wie Gripen und Eurofighter laufen.