Franziskus prangert Grausamkeit an Europas Außengrenzen an
Papst Franziskus hält sich zu einem zweitägigen Besuch in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille auf. Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne begrüßte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche am Flughafen.
Anlass seiner Reise ist der Abschluss des „Mittelmeer-Treffens“ (Rencontres Mediterraneennes), einem Jugendtreffen mit Teilnehmern aus 29 Ländern des Mittelmeerraums, bei dem der Pontifex am Samstag eine Rede halten wird. Während seines Aufenthalts, der kein offizieller Staatsbesuch ist, steht das Thema Migration im Mittelpunkt.
Bereits auf dem Flug nach Marseille zeigte sich Franziskus vor den mitreisenden Journalisten bewegt über die Lage auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, wo allein in diesem Monat mehr als 10.000 Migranten aus Afrika angekommen sind. Dort und anderswo herrsche „eine Grausamkeit, ein schrecklicher Mangel an Menschlichkeit“, beklagte er. Der Papst war auch selbst schon auf Lampedusa, um sich ein Bild von der Situation zu machen.
Notstand auf Lampedusa
Zuerst seien die Geflüchteten in libyschen Lagern gefangen, dann würden sie einfach ins Meer geworfen, sagte er. Viele der Boote, die Menschen gegen Bezahlung aus afrikanischen Ländern nach Lampedusa bringen, kommen aus Libyen und Tunesien. Immer wieder ertrinken Migranten bei der Überfahrt. „Das Mittelmeer ist zu einem Friedhof geworden“, betont der Papst immer wieder.
Franziskus: Seenotrettung ist „Pflicht der Menschlichkeit“
Bei einer Gedenkfeier für die im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge am Freitagabend mahnte Franziskus, die Seenotrettung müsse fortgesetzt werden. „Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit“, betonte er. „Gewöhnen wir uns nicht daran, die Bootsunglücke als Nachrichten und die Toten des Meeres als Zahlen zu betrachten: Sie haben Namen und Vornamen, Gesichter und Geschichten“, betonte der Papst an einer Gedenkstätte neben der Kirche Notre-Dame de la Garde, von wo aus die Teilnehmenden einen weiten Blick auf das Meer hatten. An der Gedenkfeier nahmen Vertreter mehrerer Religionsgemeinschaften teil.
Auch bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Samstag wird Migration nach französischen Angaben ein wichtiges Thema sein. Zu einer Messe im Stadion Vélodrome werden 60.000 Gläubige erwartet. Es ist das erste Mal seit dem 16. Jahrhundert, dass ein Papst Marseille besucht. Benedikt XVI. hatte 2008 Paris und Lourdes besucht. Franziskus war 2014 in Straßburg im EU-Parlament gewesen.