Irakische Kurden bekommen weiter Hilfe aus Deutschland
Nach dem militärischen Sieg über die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sichert Deutschland den irakischen Kurden Unterstützung zu, wenn es um die Rückkehr von Binnenvertriebenen geht. Das bekräftigte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak, Masrur Barsani, in der Kurden-Hauptstadt Erbil. „Niemand möchte sein Leben lang in einem Camp leben“, sagte die Grünen-Politikerin. „Deswegen ist es für uns wichtig, dass Menschen wieder in ihre Heimat zurückkehren können“ und dass sie dort ein Leben in Würde führen könnten.
Immer wieder Angriffe
Die Bedrohung durch den IS werfe zwar „immer noch Schatten auf diese Region“. Die Sicherheitskräfte seien nach wie vor sehr gefordert, „diese terroristische Bedrohung in Schach zu halten“. Zudem versuchten Kräfte von außen und von innen „zu spalten und damit zu destabilisieren und gerade die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung damit zu konterkarieren“, sagte Baerbock mit Blick auf Angriffe aus dem Iran und der Türkei im Nordirak sowie auf innerkurdische Konflikte.
„Umso wichtiger ist es, dass alle Kräfte zusammenarbeiten, die für Sicherheit stehen.“ Der deutsche Beitrag in diesem Zusammenhang sei „vor allen Dingen auch ein Stabilisierungs- und Sicherheitsbeitrag“. In Erbil bildet die Bundeswehr kurdische Sicherheitskräfte im Kampf gegen den IS aus.
Die IS-Terrormiliz kontrollierte noch vor einigen Jahren große Gebiete im Irak und in Syrien. Seit 2017 gelten die Dschihadisten als militärisch besiegt, IS-Zellen verüben aber weiterhin Anschläge. Als die Dschihadisten 2014 die Region um das Sindschar-Gebirge im Nordirak überrannten, töteten und verschleppten sie Tausende Menschen. Viele Frauen wurden versklavt und vergewaltigt. Kurdische Kämpfer vertrieben den IS schließlich aus der Region. Die Vereinten Nationen sprechen von Völkermord an der ethnisch-religiösen Minderheit der dort lebenden Jesiden. Der Bundestag erkannte die Verbrechen des IS im Januar offiziell als Völkermord an.
Wahlen sollen stattfinden
Ministerpräsident Barsani sagte, die Regionalregierung hoffe, die im vergangenen Jahr verschobenen Regionalwahlen bis Ende des Jahres durchzuführen zu können. Zugleich kritisierte er jede Verletzung der Souveränität des Iraks und der Region Kurdistan, „egal von welcher Seite“. Drohnen- und Raketenangriffe des Irans verurteilte er scharf. Die im Nordirak agierende und in der Türkei verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK habe zu Angriffen aus der Türkei und zur Destabilisierung beigetragen, kritisierte Barsani.
Die Türkei geht im Nordirak regelmäßig gegen Ableger der PKK vor. Auch die PKK greift dort Menschen an, die ihrem Eindruck nach nicht kooperieren. Sie gilt auch in den USA und Europa als Terrororganisation. Das Hauptquartier der PKK liegt in den schwer zugänglichen Kandil-Bergen im Nordirak. Erst Ende Februar waren bei einem türkischen Drohnenangriff im Nordirak kurdischen Angaben zufolge drei Menschen getötet worden.
Weiterhin deutsche Unterstützung
Baerbock ist für insgesamt vier Tage in den Irak gereist. Bei einem Treffen mit ihrem irakischen Kollegen Fuad Hussein in Bagdad hatte sie angekündigt, dass Deutschland mit dem Irak und seinen internationalen Partnern den Verfolgungsdruck gegen den IS aufrecht erhalten wolle. Zudem verwies sie auf 4,3 Milliarden Euro Finanzhilfen, mit denen Deutschland seit 2014 geholfen habe, den Irak nach dem Ende der Herrschaft der Dschihadistenmiliz zu stabilisieren.
Rund eine Million Menschen leben nach den Verbrechen des „Islamischen Staats“ im Irak noch als Binnenvertriebene. Beim Besuch des Flüchtlingscamps Qadiya in der Provinz Dohuk in den Kurdengebieten zeigte sich Baerbock erschüttert und forderte eine konsequente Bestrafung der Verbrechen der Terrororganisation: „Was hier passiert ist an den Jesidinnen und Jesiden, das war ein Völkermord.“ Die IS-Verbrechen „müssen vor Gericht gebracht werden“, forderte die deutsche Ministerin.
Baerbock gab sich auch nahbar und zeigte sich beim Kontakt mit Jugendlichen von ihrer kumpelhaften Seite: Bei einem Fußballprojekt für Mädchen der Nichtregierungsorganisation „Hawar.help“ streifte sie sich ein rotes Sportshirt mit ihrem Namen auf dem Rücken über und spielte eine Runde mit. In einem Zentrum der Organisation „Lotus Flower“, in dem traumatisierte Kinder und Jugendliche betreut werden, zog die Bundesaußenministerin Boxhandschuhe an und war Stargast in einer Sporttherapiestunde.