2. April 2025

Marine Le Pens politische Karriere ist vorerst vorbei

Von Admins

Am sonnigen Montagmorgen des 31. März in Paris hat sich die politische Zukunft Marine Le Pens wohl erst einmal entschieden. Der Strafgerichtshof in dem modernen Bau im Zentrum der französischen Hauptstadt fällte sein Urteil. Für die nächsten fünf Jahre darf die bei vielen Franzosen beliebte rechtsnationale Politikerin Marine Le Pen nicht für politische Ämter kandidieren. Und das mit sofortiger Wirkung.

Dies dürfte das Ende ihrer Ambition bedeuten, den amtierenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron im Jahr 2027 abzulösen. Dabei hatte sie bei den jüngsten Umfragen für die nächste Präsidentschaftswahl die Nase vorn. Bereits drei Mal trat sie für das höchste Amt Frankreichs an, ein viertes Mal wird es höchstwahrscheinlich nicht geben – zumindest nicht 2027.

Gemeinsam mit knapp zwei Dutzend weiteren Angeklagten, die für ihre rechtsnationale Partei „Rassemblement National (RN)“ tätig waren, wurde Le Pen wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern schuldig gesprochen.

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Konkret ging es um die Scheinbeschäftigung parlamentarischer Mitarbeiter im EU-Parlament, welche jedoch ganz oder zumindest teilweise für die Partei in Frankreich gearbeitetet hatten. Dabei sei es nicht um die persönliche Bereicherung der Angeklagten gegangen, sondern um die „Bereicherung der Partei“, betonte die vorsitzende Richterin bei der Urteilsverkündung.

Gericht: Marine Le Pen „im Zentrum“ eines Systems aus Scheinbeschäftigungen

Le Pen, Vorsitzende des RN von 2011 bis 2022, soll laut der Richterin „im Zentrum“ dieser Operation gestanden haben. Insgesamt geht es um eine Summe von mehreren Millionen Euro für die Jahre von 2004 bis 2016. Für ihre Rolle verurteilte das Gericht die Politikerin, die selbst bis 2017 im EU-Parlament saß, außerdem zu einer vierjährigen Haftstrafe – davon sind zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt, die anderen beiden muss sie mit Fußfessel in Hausarest ableisten. Zudem verhängte das Gericht eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro.

Diese Details ihrer Strafe hörte Le Pen allerdings nicht mehr im Gerichtssaal. Unmittelbar nachdem die Richterin verkündet hatte, dass die Strafe den Entzug des passiven Wahlrechts mit sofortiger Wirkung einschließt, verließ die 56-Jährige das Justizgebäude. Ihre Ablehnung des Urteils machte sie bereits vorher durch wiederholtes Kopfschütteln deutlich.

Urteil schlägt ein wie eine Bombe

Im politischen Paris schlug die Entscheidung des Gerichts ein wie eine Bombe. Der RN-Parteivorsitzende Jordan Bardella, der auch als möglicher Nachfolger für die Kandidatur um das Präsidentenamt gilt, rief zu einer „friedlichen Mobilisierung“ auf – per Online-Petition. Bei dem Urteil handele es sich um einen „demokratischen Skandal“. Auch aus anderen politischen Lagern kam Kritik. So schrieb der Linken-Politiker Jean-Luc Mélenchon, „die Absetzung eines gewählten Vertreters sollte dem Volk obliegen“.

Frankreich Paris | Marine Le Pen und Jordan Bardella von der Rassemblement National
Marine Le Pen vor einem Poster Jordan Bardellas im Juni 2024. Wird der 29-Jährige Bardella Kandidat des RN bei der Präsidentschaftswahl 2027?Bild: Julien de Rosa/AFP

Internationale Kritik kam aus Russland und den USA sowie aus dem europäischen Rechtsaußenlager. So zeigte sich der Niederländer Geert Wilders „schockiert“ über das Urteil. Ungarns Premierminister Viktor Orbán drückte seine Solidarität aus, in dem er „Je suis Marine!“ auf X postete.

Le Pens Anwalt hat Berufung angekündigt

Bereits kurz nach dem Urteil kündigte Le Pens Rechtsanwalt Berufung gegen das Urteil an. Allerdings gilt es als praktisch ausgeschlossen, dass sich an dem Wahl-Ausschluss noch etwas ändern werde, sagte der Rechtshistoriker Pierre Allorant der DW. Le Pens einzige Chance sei, dass die Berufung sehr schnell verhandelt werde, betonte der Wissenschaftler von der Universität Orléans.

Allerdings würde eine Entscheidung in einem Berufungsverfahren wohl erst kurz vor Präsidentschaftswahl fallen. In diesem Fall sei es wenig sinnvoll, noch den Kandidaten auszutauschen. Zudem ist nicht vorhersehbar, wie die Berufungsinstanz entscheiden wird.

Trotz ihrer Verurteilung kann Le Pen bis zum Ende ihres Mandats Abgeordnete der französischen Nationalversammlung bleiben. In ihrer ersten Reaktion auf das Urteil nannte die Politikerin die Entscheidung im französischen Fernsehen „politisch“ und betonte erneut ihre Unschuld. Das Gericht habe sie explizit von ihrer Kandidatur 2027 abhalten wollen. Sie werde sich für eine schnelle Berufung einsetzen, um doch noch antreten zu können, kündigte Le Pen an. Auch wenn sie die Chancen selbst für gering halte.

Camille Lons, stellvertretende Leiterin des Pariser Büros des European Council on Foreign Relations, warnte davor, dass der RN den Vorwurf instrumentalisieren werde, dass die Justiz voreingenommen gewesen und Le Pen Opfer politischer Verfolgung sei. Diese Behauptungen könnten zur Mobilisierung von Wählern für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 beitragen.