23. März 2025

Massenproteste gegen Imamoglu-Festnahme in der Türkei

Von Admins

Bei erneuten Protesten gegen die Festnahme des türkischen Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu haben sich nach Angaben seiner Partei allein in der Metropole Istanbul mehrere Hunderttausend Menschen versammelt. Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP), Özgür Özel, rief der Menge zu: „Wir sind 300.000 Menschen.“ Eine unabhängige Bestätigung für diese Zahl gibt es bislang nicht.

Türkei Istanbul 2025 | Ein einzelner Demonstrant mit der türkischen Flagge auf dem Rücken steht mit ausgebreiteten Armen vor einer Phalanx an Polizisten, die Schutzschilde vor sich halten
In der Nähe des Istanbuler Rathauses – des Amtssitzes von Ekrem Imamoglu – stehen Demonstranten und Polizisten einander gegenüberBild: Yasin Akgul/AFP via Getty Images

Auch in der Hauptstadt Ankara und im westtürkischen Izmir gab es größere Kundgebungen. An allen drei Orten ging die Polizei gegen Demonstranten vor. Einige Teilnehmer hatten versucht, Barrikaden zu stürmen, oder Polizisten mit Gegenständen beworfen. Die Beamten setzten Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse ein. Mehrere Menschen wurden verletzt, darunter zwei Reporter der Nachrichtenagentur AFP. Landesweit wurden dem Innenministerium zufolge mindestens 343 Menschen festgenommen.

Mehrtägiges Demonstrationsverbot

Die Behörden hatten für zahlreiche Städte ein mehrtägiges Demonstrationsverbot erlassen. Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Proteste als „Straßenterror“ und warnte vor weiteren Kundgebungen an diesem Wochenende. Er werde Störungen der öffentlichen Ordnung nicht hinnehmen, sagte der 71-Jährige. „So, wie wir dem Terrorismus nie nachgegeben haben, werden wir auch dem Vandalismus nicht weichen“, erklärte Erdogan.

Türkei Istanbul 2025 | Einige Demonstranten versuchen, eine Polizeikette zu durchbrechen - die Polizei setzt Tränengas ein
In Istanbul versuchen einige Demonstranten, Absperrungen zu durchbrechen – die Polizei setzt Tränengas einBild: Yasin Akgul/AFP via Getty Images

Imamoglu, der Istanbuls Bürgermeister ist, war am Mittwoch nach einer morgendlichen Razzia in seinem Haus festgenommen worden. Außerdem kamen mehr als 100 weitere Menschen in Gewahrsam, darunter Mitarbeiter, Abgeordnete und CHP-Mitglieder. Die Staatsanwaltschaft wirft Imamoglu vor, Anführer einer „kriminellen Organisation“ zu sein. Laut dem Justizministerium wird er zudem der „Unterstützung von Terrorismus“ beschuldigt. Dabei gehe es um mutmaßliche Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK).

Opposition spricht von „Putsch“

Die Opposition bezeichnet die Vorwürfe gegen den 53-Jährigen hingegen als politisch motiviert und spricht von einem „Putsch“ gegen Imamoglu. Der soll an diesem Samstag einem Haftrichter vorgeführt werden. Tags darauf dürfte der beliebte Politiker ungeachtet seiner Festnahme offiziell zum Kandidaten der CHP für die Präsidentenwahl gekürt werden, die regulär 2028 ansteht. Einige Umfragen sehen ihn derzeit in der Wählergunst vor Präsident Erdogan.

Türkei Istanbul 2024 | Ekrem Imamoglu posiert mit einer älteren Frau, die ein Kopftuch trägt, inmitten weiterer Menschen für ein Selfie, dahinter sind Leibwächter mit Sonnenbrille zu sehen
Ekrem Imamoglu zählt zu den beliebtesten Politikern des Landes – hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2024Bild: Yasin Akgul/AFP via Getty Images

Die CHP kündigte unterdessen einen Parteitag für den 6. April an. Der Vorsitzende Özel sagte, es gebe Hinweise auf Pläne, einen Zwangsverwalter für die Partei einzusetzen. Gegen die CHP wird im Zusammenhang mit einem Kongress im Jahr 2023 ermittelt, was die Entlassung der jetzigen Parteiführung nach sich ziehen könnte. Die Staatsanwaltschaft erhebt den Vorwurf, damals seien Mitglieder bestochen worden, damit sie Özel ihre Stimme bei der Wahl des Parteichefs geben. Özel selbst weist die Anschuldigungen zurück.