Russland räumt ukrainischen Vorstoß auf Dnipro-Ufer ein
Die ukrainischen Streitkräfte haben es nach russischen Angaben geschafft, auf die von Russland kontrollierte Seite des Flusses Dnipro im Süden der Ukraine vorzustoßen. Rund „anderthalb“ ukrainische Kompanien befänden sich „in kleinen Gruppen“ am Ostufer des Flusses, erklärte der von Moskau eingesetzte Gouverneur der Region Cherson, Wladimir Saldo, auf Telegram. „Wir haben zusätzliche Kräfte eingesetzt“, fügte Saldo hinzu. Die ukrainischen Soldaten säßen im Dorf Krynky in einer „Feuerhölle“ fest und würden unter anderem mit Artillerie, Raketen und Drohnen beschossen. Bisher hatte sich der Kreml geweigert, Berichte über einen erfolgreichen ukrainischen Vorstoß über den breiten Fluss hinweg zu kommentieren.
Der Stabschef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, hatte am Dienstag erklärt, ukrainische Streitkräfte hätten „am linken Ufer des Dnipro Fuß gefasst“. Bei einer Rede in Washington bestätigte er die Bildung eines Brückenkopfes, ohne Einzelheiten zu nennen. Ziel sei es auch hier, dichter an die von Russland annektierte Halbinsel Krim heranzukommen. Nach Analysen westlicher Beobachter haben die Ukrainer in den vergangenen Tagen ihre Präsenz bei Krynki ausgeweitet und auch leichte Panzertechnik nach dort gebracht. Russische Militärblogger beklagen, dass russische Truppen dort unter Feuer gerieten und die Initiative bei den Ukrainern liege.
Der breite Dnipro stellt seit einem Jahr die Frontlinie zwischen den ukrainischen und russischen Streitkräften im Süden der Ukraine dar. Das Westufer wird von der Ukraine gehalten, während Russland das gegenüberliegende Ufer kontrolliert. Ukrainische Soldaten hatten mehrfach versucht, den Fluss zu überqueren, um die russischen Truppen zurückzudrängen.
Tote und Verletzte durch russische Raketentreffer
Durch russischen Beschuss sind im Süden und Osten der Ukraine offiziellen Angaben zufolge mindestens fünf Zivilisten getötet und 17 verletzt worden. In der umkämpften Region Saporischschja starben nach Angaben des Zivilschutzes mindestens drei Männer nach mehreren Einschlägen russischer Raketen. Zwei der Toten seien Rettungskräfte gewesen. Sie hatten Aufräumarbeiten nach den ersten Einschlägen durchgeführt. 14 Menschen seien verletzt worden.
Ukraine-Krieg: Versprochene Munition fehlt zum Teil
In der ostukrainischen Stadt Selydowe im Gebiet Donezk wurde den Behörden zufolge ein mehrstöckiges Wohnhaus von einer russischen Rakete getroffen. Zwei Menschen – darunter eine 85 Jahre alte Frau – wurden demnach getötet, drei Menschen verletzt. Polizeiangaben zufolge schlugen in Selydowe im Morgengrauen insgesamt vier Raketen vom Typ S-300 ein und beschädigten 26 Häuser. Zwei Tote wurden bisher bestätigt. Rettungskräfte gehen von mindestens zwei weiteren Verschütteten aus.
Steinmeier: Deutschland wird die Ukraine nicht vergessen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat davor gewarnt, dass der Krieg in der Ukraine aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerät. „Die Ukraine braucht unsere Unterstützung umso mehr, als nun auch im Nahen Osten Krieg herrscht und der in der Ukraine nicht mehr die Aufmerksamkeit erhält, die er so dringend braucht. Putins Kalkül ist: Die Welt soll die Ukraine vergessen“, sagte Steinmeier auf der deutsch-ukrainischen kommunalen Partnerschaftskonferenz am Mittwoch in Leipzig. Diesen Gefallen dürfe und werde Deutschland dem russischen Präsidenten nicht tun. „Wir werden uns an Russlands rechtswidrigen und menschenverachtenden Angriffskrieg nicht gewöhnen“, sagte Steinmeier.
Während der Konferenz war auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zugeschaltet. Er betonte, nicht nur die Ukraine werde von dem russischen Regime bedroht, auch Nachbarländer seines Landes seien in Gefahr. Die Städte in Deutschland und der Ukraine eine ihre europäische Haltung gegenüber Menschen. Ihre Beziehung schütze Menschenleben. „Es ist von großer Bedeutung, dass wir nicht nur die Instrumente nutzen, die der Staat hat“, so Selenskyj.
Leipzig als Gastgeberin der Konferenz verbindet seit 62 Jahren eine Partnerschaft mit der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Nach Angaben des Bundespräsidialamtes ist sie die älteste deutsch-ukrainische Städtepartnerschaft. Auch Kiews Bürgermeister, der ehemalige Profiboxer Vitali Klitschko, war deshalb Gast der Konferenz. Deutsche Unterstützung sei lebenswichtig für die Ukraine, sagte der 52-Jährige. Die Ukraine kämpfe auch für die demokratischen Werte und ihre demokratische Zukunft, so Klitschko.