Scholz mahnt die SPD zur ökologischen Transformation
Bundeskanzler Olaf Scholz hat dazu aufgerufen, die zum Klimaschutz notwendige ökologische Transformation jetzt auf den Weg zu bringen. „Davon hängt die Art und Weise des Überlebens der Menschheit auf der Erde ab“, sagte Scholz in einer Rede beim Festakt zum 160-jährigen Bestehen der SPD. Dabei müssten aber auch Sorgen und Befürchtungen von Bürgerinnen und Bürgern ernst genommen werden.
Der Kanzler bekräftigte das Ziel, bis zum Jahr 2030 80 Prozent der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu erreichen und Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Der klimagerechte Umbau der Wirtschaft sei eine „historische“ Aufgabe. „Das ist kein Thema einer bestimmten Partei, das ist eine existenzielle Transformation“, sagte der SPD-Politiker, mit Blick auf die Grünen, mit denen er in der Ampel-Koalition seit eineinhalb Jahren regiert. Scholz verwies auf die Flutkatastrophe im Ahrtal und die aktuellen Überschwemmungen in Norditalien: „Das hört nicht mehr auf“, mahnte er zum Handeln.
Als Beispiele nannte Scholz den notwendigen Bau von vier bis fünf neuen Windrädern pro Tag und Solaranlagen auf Flächen in der Größe von 40 bis 50 Fußballfeldern. „All diese Fragen können wir lösen und wir werden sie lösen“, sagte Scholz. Wichtig sei, dies „als großen gesellschaftspolitischen Aufbruch zu begreifen“ und als „einen Weg, den wir alle gemeinsam gehen“. Die Bürgerinnen und Bürger müssten die Zuversicht haben können: „Das geht gut aus“.
Bei dem Festakt in der SPD-Zentrale in Berlin rief Scholz seine Partei dazu auf, für eine Gesellschaft des Respekts einzutreten. Respekt ist das Leitmotiv von Scholz‘ Kanzlerschaft, mit dem er 2021 auch in den Wahlkampf zog. „Die Sozialdemokratie des 21. Jahrhunderts muss einstehen für eine Gesellschaft des Respekts“, sagte er in seiner Festrede. Zugleich verlangte er mehr Gelassenheit auch im Umgang mit anderen Ansichten und Lebensstilen. „Viele Kränkungen und Ressentiments haben damit zu tun, dass sich Menschen nicht genug wahrgenommen fühlen“, gab der Kanzler zu bedenken. Respekt sei die Voraussetzung dafür, sich einer „Politik für die Zukunft“ zuzuwenden.
Scholz kritisiert Putins „imperialistischen Wahn“
Scholz rief seine Partei auch auf, im Ringen um die Zukunft Europas Flagge zu zeigen. Der Ukraine sagte er eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union nach dem Ende des russischen Angriffskriegs fest zu. „Diesen Krieg darf und wird Russland nicht gewinnen“, sagte er. „Dieses bittere Kapitel der Geschichte unseres Kontinents, heraufbeschworen von Wladimir Putin in seinem imperialistischen Wahn, wird damit enden, dass sich die freie Ukraine als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union anschließt.“
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil plädierte bei dem Festakt für eine neue Wirtschaftspolitik. Diese müsse „das Gemeinwohl und die Rolle des Staates wieder in den Mittelpunkt rücken“, betonte Klingbeil. Der Staat müsse nicht nur für Infrastrukturinvestitionen sorgen, sondern auch „Leitmärkte schaffen und Zukunftstechnologien zur Marktreife verhelfen“. Er müsse als „strategischer Investor“ auftreten.
Klingbeil und Scholz verteidigen Brandts Ostpolitik
Sowohl Klingbeil als auch Kanzler Olaf Scholz verteidigten die Rolle der Entspannungspolitik des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt gegen Kritik. Scholz betonte, es liege auch an Brandts Entspannungspolitik, dass heute in Europa die Prinzipien der Nichtanwendung der Gewalt, Unverletzlichkeit der Grenzen, territoriale Integrität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gelten würden. „Für alle diese Prinzipien stehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus tiefer Überzeugung ein“, sagte er in Anspielung auf die interne Debatte der Sozialdemokraten über deren Russland-Kurs.
Auch SPD-Chef Klingbeil nannte von den früheren sozialdemokratischen Bundeskanzlern vor allem Brandt als Vorbild für die heutige SPD. Brandt hatte in seiner Amtszeit von 1969 bis 1974 eine Annäherung an die Sowjetunion und die Staaten des Warschauer Paktes vorangetrieben. Diese Ostpolitik sei „revolutionär“ gewesen und Brandt habe dafür zu Recht den Friedensnobelpreis bekommen, unterstrich Klingbeil. Dessen Erbe etwa mit der Ostpolitik werde man konsequent verteidigen. Brandt sei zudem Vordenker der Nord-Süd-Politik gewesen, die heute auch Kanzler Scholz bei seinen Kontakten mit den Schwellen- und Entwicklungsländern umsetze.
Esken befürwortet originelle Ideen
Die Co-Parteichefin Saskia Esken forderte ihre Partei auf, auch mal „out of the box“ zu denken, also Ideen zu entwickeln, die sich vielleicht nicht sofort umsetzen lassen. Als Beispiel nannte sie ihren Vorstoß für eine Vier-Tage-Woche. „Ich find’s jetzt erstmal gut, dass alle darüber sprechen“, sagte sie.
Die SPD erinnert in Veranstaltungen bereits seit Sonntag an die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins am 23. Mai 1863 in Leipzig. Daraus ging nach mehreren Zwischenstufen 1890 die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hervor, die damit die älteste Partei Deutschlands ist.