16. Februar 2025

Selenskyj warnt vor möglichen russischen Angriffen in Europa

Von Admins

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die europäischen Verbündeten vor möglichen russischen Angriffen in der Zukunft gewarnt. Mit Blick auf Vorwürfe gegen Russland, Migranten gezielt über Belarus in die EU zu schleusen, fragte Selenskyj auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC): „Was, wenn es beim nächsten Mal nicht Migranten sind – was, wenn es russische Soldaten sind oder nordkoreanische Soldaten?“ Belarus grenze an drei Länder des Bündnisses, sagte Selenskyj. „Wie schnell werden ihre Bündnispartner reagieren – und werden sie überhaupt reagieren?“

Die EU-Nachbarstaaten werfen Russland und dessen Verbündetem Belarus vor, Migranten im Rahmen „hybrider“ Angriffe gezielt an den Grenzen Nord- und Osteuropas auszusetzen und über die EU-Grenzen zu drängen. Der ukrainische Präsident erklärte nun, er verfüge über nachrichtendienstliche Erkenntnisse, wonach die Führung in Moskau noch in diesem Sommer Soldaten nach Belarus verlegen wolle. Der Aufmarsch solle demnach als Militärübung deklariert werden – aber so sei auch die russische Invasion in der Ukraine vor drei Jahren vorbereitet worden. Weitere Belege führte der Gast aus Kyjiw nicht an.

Münchner Sicherheitskonferenz 2025 | Vorbereitung der Länderflaggen für bilaterale Gespräche: Ein Mitarbeiter entrollt vor einem Rollwagen Stofffahnen, zuoberst die Flagge der USA
Welche Rolle werden die USA künftig in Europa spielen? Während der MSC werden Flaggen der teilnehmenden Staaten sortiertBild: Peter Kneffel/dpa/picture alliance

Vor dem Hintergrund des Machtwechsels in den Vereinigten Staaten sagte Selenskyj, die alten Beziehungen zwischen Europa und den USA „gehen zu Ende“. Angesichts der Unsicherheit über die künftige Unterstützung aus Washington müsse der Kontinent „zusammenkommen und auf eine Art und Weise handeln, dass niemand Nein zu Europa sagen, es herumkommandieren oder wie einen Schwächling behandeln kann“.

Selenskyj: Zeit für gemeinsame Streitkräfte von Europa ist gekommen

Dazu müsse der Kontinent „unabhängig“ werden, forderte das ukrainische Staatsoberhaupt. Die Zeit für die gemeinsamen „Streitkräfte von Europa“ sei gekommen. Diese sollten indes die NATO nicht ersetzen. Hintergrund ist auch die wachsende Ungewissheit über Washingtons Haltung zum Ukraine-Krieg.

Münchner Sicherheitskonferenz 2025 | US-Delegation trifft ukrainischen Präsidenten Selenskyj
Die US-Delegation unter Führung von Vizepräsident J.D. Vance (2. v. r.) traf am Freitag mit der ukrainischen Delegation zusammenBild: Olha Tanasiichuk/Ukrinform/ABACAPRESS.COM/picture alliance

US-Präsident Donald Trump hatte am Mittwoch ein eineinhalbstündiges Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geführt, ohne sich vorab mit den Europäern abzustimmen. Im Anschluss erklärte er, er habe mit Putin einen „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart. Der ukrainische Präsident forderte erneut, Kyjiw und Europa müssten an Entscheidungen über ein Ende der Kämpfe in dem von Russland angegriffenen Land beteiligt werden.

Scholz: „Die Ukraine kann sich weiter auf uns verlassen.“

Bundeskanzler Olaf Scholz warb ebenfalls auf der MSC für eine Anpassung des Stabilitätspakts der Europäischen Union zugunsten höherer Verteidigungsausgaben. Er schlage eine entsprechende Ausnahme „für alle Investitionen in Verteidigungsgüter“ vor, „die oberhalb unseres bisherigen NATO-Ziels von zwei Prozent liegen“, sagte Scholz auf der MSC. Deutschland sei zu dieser Änderung bereit – Frieden und Sicherheit in Europa stünden auf dem Spiel.

„Zeitlich befristet“ – oder „möglicherweise dauerhaft“?

In seiner Rede erklärte Scholz auf Deutsch, die Ausnahme solle „zeitlich befristet und unter Wahrung der fiskalischen Solidität aller Mitgliedstaaten“ erfolgen. In einer direkt daran anschließenden Diskussion auf Englisch sagte er allerdings, die Anpassung des EU-Stabilitätspakts könne „auf lange Zeit angelegt und möglicherweise dauerhaft“ sein. Am Freitag hatte sich bereits EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine Lockerung der europäischen Schuldenregeln zur Finanzierung höherer Verteidigungsausgaben ausgesprochen.

Münchner Sicherheitskonferenz 2025 | Proteste gegen die Sicherheitskonferenz in der Innenstadt, Teilnehmer tragen Plakate, etwa mit der Aufschrift: "Abrüsten alle" oder "Friedensfähig statt kriegsfähig"
Gegen „Kriegsfähigkeit“: Demonstranten in der Münchner InnenstadtBild: Armin Weigel/dpa/picture alliance

Scholz unterstrich die Notwendigkeit einer starken europäischen Rüstungsindustrie „mit einer permanenten Produktion der wichtigsten Munitions- und Waffengattungen in Europa“. Wichtig sei, „dass wir sicherheitsrelevante Schlüsseltechnologien in Europa halten und ansiedeln“. Zugleich betonte der SPD-Politiker, die transatlantische Verschränkung der Verteidigungsindustrien habe Bestand. „Wir werden auch in Zukunft neue amerikanische Rüstungsgüter kaufen.“