Senegal schließt Konsulate nach Protesten der Opposition
Wegen gewalttätiger Angriffe auf senegalesische Auslandsvertretungen hat die Regierung von Staatschef Macky Sall ihre Konsulate unter anderem in Bordeaux, Paris, Mailand und New York vorübergehend geschlossen. Das teilte das Außenministerium in der Hauptstadt Dakar mit.
Die Schließungen erfolgten eine Woche nach den tödlichen Unruhen, die nach dem Urteil gegen einen der führenden Oppositionspolitiker, Ousmane Sonko, zu zwei Jahren Haft ausgebrochen waren. Gleichwohl bestritt das Außenministerium einen Zusammenhang mit den Konsulatsschließungen. „Diese Vorsichtsmaßnahme wurde aufgrund einer Reihe von Angriffen getroffen, die schwerwiegenden Schaden angerichtet haben“, hieß es in einer Mitteilung.
Oppositionsführer aus dem Rennen?
Besonders heftig waren die Proteste vor und im senegalesischen Konsulat in Mailand. Italiens öffentliches Fernsehen Rai News berichtete, es hätten sich am Montag rund 40 Sonko-Unterstützer vor dem Gebäude versammelt und Fahnen und Anti-Regierungs-Plakate geschwenkt. In der Folge seien Maschinen für die Ausstellung von Ausweisen und Reisepässen zerstört worden, teilte das Außenministerium in Dakar mit. Auch der Generalkonsul soll attackiert und ein Feuer gelegt worden sein, bevor die Polizei eingreifen konnte.
Auslöser der weit über Senegal hinausgehenden Proteste ist die Verurteilung von Ousmane Sonko zu zwei Jahren Haft wegen „Verführung der Jugend“. Der 48-Jährige soll vor zwei Jahren eine damals 20-Jährige zum Sex gezwungen haben. Seine Anhänger halten das Verfahren dagegen für politisch motiviert und als Versuch der Regierung, Sonko von einer Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr auszuschließen.
Tote und Verletzte – und die Wirtschaft am Boden
Bei den Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften waren Ende voriger Woche und am Wochenende mindestens 16 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Geschäfte und öffentliche Gebäude waren geplündert und zerstört worden, darunter Banken, Universitätsgebäude, Tankstellen und Supermärkte.
Menschenrechtsgruppen beklagten, die Sicherheitskräfte hätten „exzessive Gewalt“ und „scharfe Munition“ angewendet. Das wurde von staatlicher Seite dementiert.
Der Wirtschaftsexperte Mansour Sambé sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Tage der Gewalt in der vorigen Woche hätten das Land „Milliarden von CFA-Francs, also zig Millionen US-Dollar“ gekostet – und damit auch „die diesjährigen Wachstumsziele der senegalesischen Wirtschaft gefährdet“.
Internet wieder verfügbar – Lage könnte sich verschärfen
Im Zuge der Unruhen hatte die Regierung den Zugang zum Internet in einigen Teilen des Landes unterbrochen. Jetzt wurde bekanntgegeben, dass die mobilen Telefon- und Datenverbindungen überall wiederhergestellt wurden. Doch auch hier waren die Folgen weitreichend – und trafen besonders die Ärmsten in der Bevölkerung. Denn übers Internet fehlte nicht nur der Zugriff auf die sozialen Netzwerke, sondern für viele war damit auch die Möglichkeit, Geld zu transferieren, gesperrt. Außerdem bekommen sie ihre Löhne und Gehälter nicht überwiesen. Und weil die Banken seit vergangenem Mittwoch geschlossen sind, fürchten viele Menschen im Senegal, schon bald keine Einkäufe mehr machen zu können. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, hat der Nationale Fußballverband wegen der aktuellen Situation auch noch bis auf weiteres alle Spiele im Profi-Bereich abgesagt.
Beobachter befürchten, dass sich die Spannungen in dem westafrikanischen Land noch einmal verschärfen, wenn Ousmane Sonke, der sich in seinem Haus in Dakar aufhalten soll, dort abgeholt wird und die Haft antreten muss.