Ukraine aktuell: Selenskyj lobt Scholz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Bundeskanzler Olaf Scholz für dessen Rolle bei der Hilfe für sein Land gewürdigt. Er habe Scholz bei einem Telefonat für die Luftverteidigungssysteme gedankt, die Deutschland geliefert und damit das Leben von Ukrainern gerettet habe, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Außerdem dankte der Präsident Scholz für seine „persönliche Entschlossenheit, die in vielerlei Hinsicht zur Bestimmung für ganz Europa wird“.
Auch lange nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 stand Deutschland wegen zögerlicher Hilfe in Kiew in der Kritik. Das ist vorbei, seit Berlin etwa schwere Kampfpanzer und Flugabwehrsysteme geliefert hat. Selenskyj bezifferte die militärische Gesamthilfe Deutschlands für sein Land auf inzwischen drei Milliarden Euro.
Selenskyj machte deutlich, dass ein effektives Flugabwehrsystem zu den Hauptzielen seiner Verteidigungspolitik zähle. „Der russische Terror muss jeden Tag und jede Nacht besiegt werden, am Himmel jeder ukrainischen Stadt und jeden Dorfes“, sagte er. Die Ukraine erlebt in diesem Mai so viele Drohnen- und Raketenangriffe wie noch nie in einem Monat seit Kriegsbeginn.
USA wollen keine Angriffe auf Russland
Die US-Regierung hat nach den Drohnenangriffen auf Moskau bekräftigt, keine Angriffe innerhalb Russlands zu unterstützen. „Wir haben uns nicht nur öffentlich, sondern auch privat gegenüber den Ukrainern klar geäußert, aber wir wollen uns nicht auf Hypothesen einlassen“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, in Washington. Man sammle derzeit Informationen, um herauszufinden, was genau passiert sei.
Nach russischen Angaben waren in der Nacht zum Dienstag acht Kampfdrohnen im Anflug auf Moskau niedergegangen. Drei davon wurden demnach mit elektronischen Mitteln zum Absturz gebracht, fünf wurden abgeschossen. Woher die Drohnen kamen, blieb unklar. Der Kreml machte Kiew für die Drohnenangriffe verantwortlich. Die ukrainische Regierung wies das zurück.
Moskau und Kiew sollen AKW-Schutzregeln befolgen
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hat Richtlinien zum Schutz des von Russland besetzten südukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja formuliert. „Es darf kein Angriff jeglicher Art von oder gegen die Anlage erfolgen, insbesondere gegen die Reaktoren, die Lager abgebrannter Brennelemente, andere kritische Infrastruktur oder das Personal“, sagte Grossi zum Kernpunkt seiner Forderungen vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
Er rief Russland und die Ukraine dazu auf, die Regeln zu befolgen, um die Freisetzung radioaktiven Materials zu verhindern. Zudem dürfe Saporischschja nicht als Militärbasis genutzt werden oder als Lager für Waffen wie zum Beispiel Panzer oder Artillerie, die von der Anlage aus eingesetzt werden könnten. Auch die externe Stromversorgung sei zu gewährleisten, das Werk müsse vor Sabotageakten geschützt werden. Sämtliche Verstöße würden durch ihn öffentlich gemacht, so Grossi weiter.
Das größte Atomkraftwerk Europas im Gebiet Saporischschja ist Anfang März 2022 unter russische Kontrolle geraten. Artillerieduelle um das Kraftwerksgelände hatten im vergangenen Sommer Sorge vor einer Atomkatastrophe ausgelöst. Die sechs Blöcke mit einer Gesamtnettoleistung von 5700 Megawatt sind deswegen heruntergefahren worden und werden nur noch gekühlt.
Hoffnung auf baldigen NATO-Beitritt Schwedens
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hofft auf eine Entscheidung zum Beitritt Schwedens noch vor dem Gipfel der Militärallianz im Juli. „Es gibt keine Garantien, aber es ist absolut möglich, dass wir bis dahin zu einer Lösung gelangen und die Entscheidung über eine Mitgliedschaft Schwedens möglich machen“, sagte Stoltenberg bei einem Besuch in Oslo.
Bislang war der Beitritt Schwedens vor allem an der Blockade der Türkei gescheitert, die das Land als Zufluchtsort für Unterstützer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bezeichnet. Nach der Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am vergangenen Sonntag öffne sich nun „ein Fenster“, sagte Stoltenberg.
Auch US-Außenminister Antony Blinken äußerte die Hoffnung auf eine Entscheidung bis zum NATO-Gipfel am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Es sei daher nun an der Zeit, „den Beitritt Schwedens endgültig zu beschließen“, sagte Blinken nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. „Wir appellieren an die Türkei und Ungarn, den Beitritt so schnell wie möglich zu ratifizieren.“
Schweden hatte gemeinsam mit Finnland infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine entschieden, einen Antrag auf eine NATO-Mitgliedschaft zu stellen. Finnland wurde bereits am 4. April als 31. Mitglied aufgenommen. Für den Beitritt Schwedens fehlen bislang noch die Zustimmung der Türkei und Ungarns.
EU-Debatte über Getreideimporte aus der Ukraine
Die Europäische Union muss nach Ansicht von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski Getreideimporte aus der Ukraine länger einschränken. Er vertrat die Position, dass die umstrittenen Handelsbeschränkungen am besten bis zum Ende des Jahres verlängert werden sollten, mindestens aber bis Ende Oktober, wie aus einem Abschlussstatement des Polen nach einem Treffen der EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister hervorging.
Er begründete dies damit, dass deutlich mehr ukrainisches Getreide in die EU – vor allem in Länder wie Polen, Ungarn, und Rumänien – gelange und dort zum Schaden der dortigen Bauern den Markt verzerre. Wojciechowski stellt sich damit gegen die Meinung von EU-Staaten wie Deutschland. Auch der ukrainische Agrarminister Mykola Solski hatte sich am Dienstag in Brüssel klar gegen die Maßnahmen ausgesprochen. Russland habe versucht, die Beschränkungen für sich zu nutzen.
Konkret geht es bei den EU-Beschränkungen darum, dass bis zum 5. Juni Weizen, Mais, Rapssamen und Sonnenblumen aus der Ukraine in Bulgarien, Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei nicht mehr frei gehandelt werden dürfen. Ziel ist es, dass weniger Getreide dort verbleibt und mehr in andere EU-Staaten und auf den Weltmarkt gelangt.
Litauen verhängt Sanktionen im Fall Kara-Mursa
Im Zusammenhang mit dem Fall des zu 25 Jahren Straflager verurteilten russisch-britischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa hat Litauen Sanktionen gegen 15 Russen verhängt. „Die Entscheidungen der russischen Gerichte unter Putin zeigen deutlich, dass diejenigen, die es wagen, für die Demokratie zu kämpfen, als Verräter angesehen werden“, erklärte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis.
Litauen sende „eine klare Botschaft, dass Personen, die das Regime unterstützen und zu groben Menschenrechtsverletzungen in der Russischen Föderation beitragen, und insbesondere diejenigen, die einen Menschenrechtsverteidiger wie Kara-Mursa ins Visier nehmen, in unserem Land nicht willkommen sind“, betonte er.
Die Sanktionen gegen 15 mit dem Fall Kara-Mursa befasste Richter und Staatsanwälte beinhalten Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Kara-Mursa war Mitte April in Moskau wegen seiner Kritik am russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu 25 Jahren Haft in einer Strafkolonie mit „strengen Haftbedingungen“ verurteilt worden.