Wann beginnen die Auszählungen – und wie lange dauern sie?
Wie bei demokratischen Wahlen weltweit üblich, werden die Stimmen erst ausgezählt, sobald die Wahlen beendet sind. Donald Trump hat auf seiner letzten Wahlkampfkundgebung unerfüllbare Erwartungen an die Auszählgeschwindigkeit geschürt: „Wir wollen die Antwort heute“, sagte der Republikaner. Dabei ist es üblich, dass offizielle Ergebnisse in einigen Bundesstaaten erst Tage oder Wochen später feststehen.
Verzögerungen gehen beispielsweise von Briefwahlunterlagen aus: Zum Beispiel dürfen diese in den Swing States Pennsylvania und Wisconsin erst nach Schließung der Wahllokale bearbeitet werden. In den meisten Bundesstaaten werden bereits im Vorfeld die Versandumschläge geöffnet und Unterschriften überprüft, um eine schnellere Auszählung zu erreichen.
Wer zählt die abgegebenen Stimmen aus – und wie läuft die Zählung ab?
Hunderttausende Wahlhelfer sind im ganzen Land im Einsatz. In allen Staaten gilt ein Mindestalter (18, in Ausnahmefällen 16 Jahre), in den meisten Fällen müssen Wahlhelfer auch selbst wahlberechtigt sein. Mancherorts werden lokale Vertreter von Demokraten und Republikanern aktiv eingebunden.
In aller Regel werden dabei zunächst die im Wahllokal ausgefüllten Stimmzettel ausgezählt, später folgen die Briefwahlstimmen. Da der Briefwahlanteil unter Anhängern der Demokraten deutlich höher ist als bei Republikanern, kann es im Laufe der Auszählung zu deutlichen Verschiebungen kommen: Von einer „roten Fata Morgana“ ist die Rede, wenn ein vermeintlicher Vorsprung der Republikaner zu einem Rückstand wird.
In den meisten Bundesstaaten unterstützen Scanner die Auszählung der analogen Stimmzettel – sie gelten als schneller, kostengünstiger und akkurater als menschliche Auszähler. In geringerem Maße kommen auch spezielle Stifte, die bereits beim Ankreuzen Informationen speichern, oder Wahlcomputer, die digital abgegebene Stimmen lokal speichern und nach dem Ende der Stimmabgabe ausdrucken können, zum Einsatz. Auf dieser Datenbasis geben lokale Wahlvorstände inoffizielle Ergebnisse weiter. Je nach Bundesstaat muss das Ergebnis jedoch noch einmal nachgezählt werden.
Erneute Auszählungen könnten bei einem knappen Wahlausgang eine besondere Bedeutung bekommen: Im von beiden Lagern besonders umworbenen Pennsylvania sieht das Gesetz eine zweite Auszählung vor, wenn nicht mehr als 0,5 Prozentpunkte zwischen Sieger und Verlierer liegen. Teilweise sehen die Bundesstaaten auch Neuauszählungen vor, wenn Kandidaten, Gerichte oder eine festgelegte Anzahl an Wählern dies fordern.
Auf welcher Datenbasis berichten US-Medien über den Ausgang der Wahlen?
Mehrere große US-Medien entsenden Reporter ins ganze Land. Die DW arbeitet bei dieser Wahl mit der Nachrichtenagentur AP zusammen, deren Berichterstatter in mehr als 4000 Auszählstellen vor Ort sind. Auf Basis von Zwischenständen der Reporter werten Analysten aus, ab wann ein Vorsprung in einem einzelnen Bezirk oder Bundesstaat groß genug, um dort einen Sieger ausmachen zu können.
Dieser Prozess ist zwar etwas schneller als die Ermittlung der offiziellen Ergebnisse, kann aber ebenfalls etwas dauern: 2020 erklärte AP erst vier Tage nach dem Wahltag Joe Biden zum Sieger.
Was ist „Canvassing“?
Auf mehreren Ebenen gibt es einen wichtigen Schritt bei der Auszählung: Beim sogenannten „Canvassing“ wird sichergestellt, dass jede gültige Stimme auch tatsächlich in das spätere Endergebnis einfließt. Sämtliche Unklarheiten werden dokumentiert, wie etwa schwer lesbare Stimmzettel. Auch werden Formalia des Wahlvorgangs selbst überprüft. Die Wahlgesetze der Bundesstaaten regeln, wer für den Prozess verantwortlich ist und wie lange er dauern darf.
Was bedeutet Zertifizierung?
Die durch das Canvassing in Form gebrachten Daten werden anschließend noch einmal endgültig zertifiziert – in den meisten Fällen auf lokaler Ebene und danach für den ganzen Bundesstaat. Je nach Wahlgesetz werden dafür spezielle Gremien eingesetzt oder Amtsträger wie Kabinettsmitglieder des Gouverneurs berufen. Bei der Präsidentschaftswahl wird im Zuge der Zertifizierung festgelegt, welche Wahlleute den Bundesstaat im Wahlleutegremium vertreten. Die meisten Bundesstaaten setzen hierfür Daten Ende November oder Anfang Dezember als Frist.
Wie wird ein sicherer Wahlablauf gewährleistet?
Eine der wichtigsten vertrauensbildenden Maßnahmen im Wahlablauf ist das Mehraugenprinzip: Sämtliche wichtigen Schritte vor Ort werden gemeinsam durchgeführt – von Wahlhelfern und Wahlvorständen, die zuvor entsprechende Trainings durchlaufen haben. Auch Briefwahlunterlagen werden typischerweise von mehreren Wahlhelfern von den Poststellen abgeholt und in sicheren Containern transportiert.
Bei der Briefwahl, die im Pandemie-Jahr 2020 besonders im Fokus von Desinformationskampagnen stand, sollen außerdem unterzeichnete Erklärungen sicherstellen, dass Stimmzettel nur vom jeweils vorgesehenen Wahlberechtigten ausgefüllt wurden. Bei der Auszählung werden diese Erklärungen mit den Registrierungsdaten abgeglichen, um auszuschließen, dass Wahlberechtigte an der physischen Urne ein zweites Mal abgestimmt haben.
In vielen Bundesstaaten steht der komplette Wahlprozess offen für Beobachter der Parteien, aus Forschung und Zivilgesellschaft sowie für internationale Organisationen. Mehrere Bundesstaaten, darunter Pennsylvania, gestatten nur Wahlbeobachter der Parteien, andere schränken manche Schritte des Prozesses ein. In einzelnen Staaten sind Wahlbeobachter nicht gesetzlich vorgesehen.