Wer soll die wachsenden Kosten für Klimaschäden und Klimaanpassung zahlen? Seit Jahren streiten sich darüber die Staaten. Durch steigende Temperaturen und die Zunahme von Wetterextremen wird das Thema immer wichtiger.
Vor diesem Hintergrund treffen sich derzeit bis zum 13. Juni mehrere tausend Regierungsvertreter, Forscher und Mitglieder der Zivilgesellschaft im deutschen Bonn. Sie beraten über die Verhandlungsvorlagen für die nächste Klimakonferenz in Aserbaidschans Hauptstadt Baku im November.
Es geht um heikle Fragen: Welche Industrieländer sollen zahlen? Wie viel Geld soll aus den Staatskassen und wie viel von privaten Unternehmen kommen? Und wie können die Länder transparent machen, wohin das Geld fließt?
„Die Fragen sind so komplex und es sind so viele Länder beteiligt, dass die zwei Wochen im November nicht ausreichen“, sagt Petter Lyden, Leiter für internationale Klimapolitik bei der Nichtregierungsorganisation Germanwatch. „Eine Konferenz wie die in Bonn ist zur Vorbereitung sehr wichtig.“
Wachsende Klimakosten: von Milliarden zu Billionen
Im Jahr 2009 beschlossen die reicheren Länder bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar (92 Milliarden Euro) bereitzustellen, um Entwicklungsländern bei der Eindämmung und Bewältigung der Klimakrise zu helfen. Dieses Ziel wurde allerdings erstmals 2022 erreicht, so das Ergebnis der OECD Überprüfung.
Die 100 Milliarden US Dollar jährlich seien zwar eine gute Nachricht, so Melanie Robinson von der Denkfabrik World Resource Institute (WRI) in einer Pressemitteilung. Doch „die Finanzierung reicht längst nicht aus, den fortschreitenden Auswirkungen des Klimawandels in den nächsten Jahren gerecht zu werden“.
Im Pariser Klimaabkommen hatten die Staaten vereinbart, noch vor dem Jahr 2025 ein neues Finanzziel zu beschließen. Nun wächst der Druck, die Zahlungen zu erhöhen.
Laut einer WRI Studie von 2021 muss die Klimafinanzierung bis 2030 auf satte fünf Billionen US-Dollar pro Jahr steigen. Der Grund: Die Industrieländer verbrennen weiterhin Kohle, Öl und Gas. Und durch den dadurch verursachten Temperaturanstieg nehmen die Hitzewellen und Dürren, Hochwasser und Überschwemmungen sowie Waldbrände zu und verwüsten immer mehr Orte auf der Welt.
„Das sind nicht nur Kosten, es ist eine Investition“, sagt Joe Thwaites, Experte für Klimapolitik bei der US-amerikanische gemeinnützige Organisation NRDC. „Selbst wenn die Investition Billionen von Dollar erreicht, sparen wir damit ein Mehrfaches davon an vermiedenen Schäden ein.“
Wer soll für Klimaschäden zahlen?
Bleibt die Frage, wer die Kosten bezahlen soll. Viele Industrieländer, die sich den Finanzzielen verpflichtet haben, fordern auch andere Länder mit grossen Industrien auf, ihren Beitrag zu leisten. Denn Länder mit den weltweit höchsten Emissionen wie China und Saudi-Arabien sind bisher davon ausgenommen, weil die Vereinten Nationen (UN) sie zu den Entwicklungsländern zählt.
„Jetzt ist es an der Zeit, etwas zu unternehmen. Wir brauchen mehr Länder, die ihren gerechten Beitrag leisten“, sagte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze im April auf einer Klimakonferenz in Berlin. „Alle, die große Emissionen verursachen, auch die Golfstaaten, auch China, wir alle müssen mehr tun.“
Ein weitere wichtige Frage ist, wie privates Geld in den Klimaschutz fließen könnten. Thwaites sagt, durch entsprechende Steuern, Regulierungen oder Subventionen müssten die Staaten solche Gelder erheben. Auch seien es die Regierungen die das neue Finanzziel aushandeln und durchsetzen, nicht der Privatsektor.
„Zwar müssen alle Teil der Weltwirtschaft bei der Bewältigung der Klimaherausforderung eine Rolle spielen. Aber für die Verpflichtungen müssen die Regierungen zur Rechenschaft gezogen werden“, betont Thwaites.
Neue Transparenz-Regeln zur Klimafinanzierung gesucht
Eine der Herausforderungen bei der Umsetzung des Finanzziels ist die Transparenz. Ohne genaue Vorschriften darüber, wie die Berichtspflicht über die verschiedenen Arten der Finanzierung aussehen soll, sind die Interpretationen zwischen Geberländern und Empfängern oft unklar.
Mit anderen Worten: Geld, das beispielsweise für ein Entwicklungsprojekt bestimmt war, könnte dabei zur Emissionsreduzierung oder zur Anpassung an den Klimawandel verwendet werden.
Diese Unschärfe macht es bisher auch schwer nachzuvollziehen, welche Länder ihre Finanzversprechen eingehalten haben. „Die Industrieländer haben bei der Darstellung ihrer Klimafinanzierungsstatistiken viel Spielraum“, sagt Tom Evans, leitender politischer Berater beim Klima-Thinktank E3G. „Das hat zu viel Misstrauen und Skepsis darüber geführt, ob die Ziele tatsächlich erreicht werden.“
Auf der Klimakonferenz Ende des Jahres soll ein neuer Transparenzrahmen vereinbart werden. Die Länder sollen künftig einheitliche Berichtsrichtlinien verwenden, um zu zeigen, wie sie zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen – und auch mit welchen Finanzierungen.
Konferenz in Bonn bereitet den Weg für COP 29 in Baku
Zum Klimagipfel in Baku werden wieder die Staats- und Regierungschefs anreisen, um eine politische Einigung zu finden. Bei der Vorbereitungskonferenz, die jährlich ein halbes Jahr vor dem Gipfel in Bonn tagt, treffen sich die Verhandlungsführer der Länder vorab, um technische Details zu besprechen
„Diese technischen Aspekte sind der Schlüssel zu einem guten Abkommen“, sagt Evans. „Die Herausforderung in Bonn besteht immer darin, herauszufinden, wie weit man dem endgültigen Abkommen kommen kann, ohne es schon verbindlich zu vereinbaren.“
Während die Bonner Vorbereitungskonferenz wichtige Grundlagenarbeit leistet, müssen hochrangige Politiker die endgültigen Entscheidungen zu umstrittenen Themen treffen. In Aserbaidschan werden sie dann beschließen, was mit den in Bonn vorgelegten Bausteinen geschehen soll.