24. August 2024

Wie Kamala Harris die Demokraten begeisterte

Von Admins

Luftballons regneten von der Decke der Arena, als Vizepräsidentin Kamala Harris offiziell die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei entgegennahm. Damit endet eine turbulente Phase, seit der ursprüngliche Kandidat Präsident Joe Biden vor knapp fünf Wochen seinen Rückzug von der Präsidentschaftswahl im November verkündet hatte.

Der Parteitag der Demokraten war zum Teil eine Veranstaltung zu Ehren Bidens. Mehr als fünf Jahrzehnte lang war er in der Politik aktiv, seine Karriere gipfelte in der Präsidentschaft. Vor allem aber diente der Parteitag dazu, den Wahlkampf von Harris und ihrem Vize-Kandidaten Tim Walz ins Rollen zu bringen – angeheizt durch die Unterstützung bedeutender Persönlichkeiten aus der Partei sowie durch Stars wie die Moderatorin und Unternehmerin Oprah Winfrey und den Musiker Stevie Wonder.

Nachdem in den Tagen zuvor die Obamas, die Clintons, ihr Ehemann Doug Emhoff und die emeritierte Parteisprecherin Nancy Pelosi für Harris geworben hatten, sollte am Ende des Parteitages Harris‘ eigener Auftritt den Höhepunkt bilden.

Stevie Wonder auf der Bühne, im Hintergrund eine volle Arena
Prominente Unterstützung: Stevie Wonder trat auf dem Parteitag der Demokraten aufBild: Mike Segar/REUTERS

Ihre Rede lebte von einer hoffnungsvollen, nach vorne gerichteten Vision. Sie versprach, die reproduktive Freiheit – gemeint ist zum Beispiel das Recht auf Abtreibung – zu verteidigen und eine „Wirtschaft der Chancen“ zu schaffen.

„Ich weiß, heute Abend sehen Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten zu. Und ich möchte, dass Sie wissen: Ich verspreche, eine Präsidentin für alle Amerikaner zu sein. Sie können mir immer vertrauen, dass ich das Land über die Partei und mich selbst stelle“, sagte Harris.

Amerikanische Werte stehen im Mittelpunkt

„Ihre Rückbesinnung auf die amerikanischen Werte, der Appell an alle Menschen, dass sie stolz auf unser Land sein können, auf der nationalen wie auf der innenpolitischen Bühne. All die politischen Prioritäten der Demokraten, nicht nur für Amerikaner, sondern für alle Menschen unabhängig von Hintergrund und Herkunft – das ist etwas, was mich wirklich begeistert“, sagte Cameron Deptula, ein Delegierter aus Hawaii.

Wie Kamala Harris Präsidentin werden will

Für Matt Golosinski, Direktor für Forschungskommunikation an der Northwestern University, war besonders die Botschaft ansprechend, dass alle Amerikaner an einem Strang ziehen sollten. „Der Höhepunkt war der Gedanke, dass alle zusammenarbeiten und sich gegenseitig stärken, anstatt sich gegenseitig herunterzuziehen. Das ist eine sehr wichtige Botschaft für alle Menschen auf der Welt“, sagte er der DW. „Das ist leichter gesagt als getan, aber ich denke, wir können bei uns zuhause damit anfangen.“

Gemeinschaftssinn und wie wichtig es ist, anderen zu helfen, waren wiederkehrende Themen auf dem Parteitag. Auch der designierte Vizepräsident Walz stützte seine Rede darauf. Dabei betonte er seine Vergangenheit als Lehrer an einer öffentlichen Schule und als Footballtrainer. Walz prangerte gleichzeitig an, der republikanische Kandidat Donald Trump verfolge eine eigennützige Agenda.

„Wir haben dafür gesorgt, dass jedes Kind in unserem Staat jeden Tag ein Frühstück und ein Mittagessen bekommt“, sagte er. Damit bezog sich Walz auf das Gesetz zu kostenlosem Schulessen, das er im Bundesstaat Minnesota unterzeichnet hat, in dem er seit 2019 Gouverneur ist. „Während andere Staaten Bücher aus ihren Schulen verbannten, haben wir den Hunger der Kinder aus unseren verbannt.“

Tim Walz bedankt sich für Applaus auf der Bühne
Auch Tim Walz – Harris‘ Vizepräsidentschaftskandidat – wurde auf dem Parteitag frenetisch gefeiertBild: Brendan McDermid/REUTERS

Joe Barbuto, Vorsitzender der Demokraten in Wyoming, sagte der DW, Harris habe Walz zu ihrem Vizekandidaten gemacht um zu zeigen, dass sie das Zentrum der USA erreichen möchte. Dieser Bereich der Vereinigten Staaten ist ländlich geprägt, gilt als konservativer und traditionellen Werten stärker verbunden. „Er ist sicherlich eine Person mit einem starken Hintergrund im ländlichen Amerika. Er hat als Kongressabgeordneter und Gouverneur viel für das ländliche Amerika getan“, sagte Barbuto. Das zeige, Harris sei es „ernst damit“, sich nicht nur um die Staaten zu kümmern, die von den Demokraten geprägt sind, sondern um die ganze Nation.

Harris‘ außenpolitisches Profil auf dem Prüfstand

Bei einigen Anwesenden überwogen jedoch Bedenken über Harris‘ außenpolitische Haltung. Dies galt insbesondere für die Delegierten, welche die mehr als 700.000 Wähler vertraten, die bei den Vorwahlen der Demokraten ihre Stimme für „uncommitted“, also ungebunden, abgegeben hatten. Sie setzen die Regierung Biden-Harris unter Druck, Israel nicht weiter politisch und militärisch im Krieg gegen die islamistische Hamas in Gaza zu unterstützen.

„Als ungebundene Delegierte wollen wir, dass [Harris] jetzt auf einen dauerhaften und sofortigen Waffenstillstand und ein Waffenembargo drängt“, sagte Sabrene Odeh, eine ungebundene Delegierte aus dem Bundesstaat Washington, nach Harris‘ Rede. „Natürlich schätzen wir die Tatsache, dass dies erwähnt wurde. Aber an diesem Punkt reichen Worte nicht aus, leere Versprechungen sind nicht genug. Wir müssen wissen, was ihre Politik ist.“

Der Krieg in Gaza ist nach wie vor eines der wenigen spaltenden Themen in einer Partei, die sich schnell geeint hinter Harris stellte. Außerhalb des Parteitags versuchten tausende pro-palästinensische Demonstranten in – wie sie sagten – „Sicht- und Hörweite“ der Veranstaltung zu kommen. Und das, obwohl viele von ihnen einräumen, die Demokraten könnten nichts tun, um ihre Stimmen zu gewinnen.

Demonstranten mit Protestplakaten, palästinensischen Fahnen, teilweise mit Masken im Gesicht
Außerhalb des Veranstaltungsortes des Parteitags demonstrierten Menschen für ein Ende der Unterstützung Israels im Kampf gegen die islamistische Hamas in GazaBild: Stefan Simons/DW

„Unsere Koalition ist vielfältig und wir sind im ganzen Land verteilt, daher ist es schwer zu sagen, wie sich alle fühlen“, sagte Faayani Aboma Mijana. Sie hat den Protest organisiert. „Aber ich kann für meine Organisation sprechen. Ich kann für das US Palestinian Community Network sprechen. Wir werden aktuell nicht wählen. Die Tatsache, dass Kamala Harris und Donald Trump zur Wahl stehen, sehen wir als ein Symptom für ein verdorbenes System. Das System dient nur den Reichen und Mächtigen und gibt uns damit nur diese beiden Optionen. Beide sind zum jetzigen Zeitpunkt gleich schlecht.“

Ungeachtet der Bedenken der Demonstranten war der Parteitag eine viertägige Veranstaltung, bei der das offizielle Kandidaten-Duo der Demokraten begeistert gefeiert wurde. Nur noch 70 Tage bleiben bis zur Wahl. Offen bleibt die Frage, ob Harris und Walz in der Lage sein werden, diese Aufbruchsstimmung zu nutzen und zu einem Wahlsieg zu führen.